Bundestag beschließt Fiskalpakt und ESM
Von ANDREAS KIßLER
Bundestag und Bundesrat haben am Abend den Fiskalpakt und den Euro-Rettungsfonds ESM mit breiter Mehrheit beschlossen. Nachdem der Bundestag die Vorhaben mit breiter Mehrheit gebilligt hatte, stimmte am späten Freitagabend auch die Länderkammer dafür. Die Vorhaben erreichten in beiden Häusern die erforderliche Zweidrittelmehrheit deutlich. Die Länder hatten sich im Vorfeld bereits mit der Regierung prinzipiell auf eine Zustimmung verständigt.
Für den Fiskalpakt stimmten im Bundestag 491 Abgeordnete bei 111 Gegenstimmen und sechs Enthaltungen,. Für den ESM votierten 493 Parlamentarier, 106 waren dagegen, und fünf enthielten sich der Stimme. Damit erreichten beide Vorhaben die erforderliche Zweidrittelmehrheit deutlich. Für sie waren 414 Ja-Stimmen nötig.
Auch der Bundesrat stimmte jeweils mit einer Mehrheit von 65 Stimmen zu, nötig gewesen wären 46.
Bundeskanzlerin Angela Merkel wertete die Vorhaben in einer Regierungserklärung als deutliches Signal für einen stabilen Euro. "Das, was wir heute beschließen, ist ein wichtiger Schritt, um der Welt deutlich zu machen, wir stehen zum Euro, wir wollen ihn als unsere stabile Währung", sagte sie. Es handele sich um ein parteiübergreifendes Signal, "die europäische Staatsschuldenkrise zu überwinden".
Verfassungsklagen angekündigt
Auch FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle sprach in der Debatte von einem solchen Signal. "Von Deutschland muss ein Signal der Handlungsfähigkeit ausgehen, das erwarten unsere Partner in Europa, das erwarten unsere Partner in der Welt". Finanzminister Wolfgang Schäuble konstatierte, die Debatte werde "angesichts einer immer weiter um sich greifenden Besorgnis in unserer Bevölkerung" geführt.
Die Abgeordneten der SPD hatten sich schon kurz vor der Sitzung laut ihrem Fraktionsvorsitzenden Frank-Walter Steinmeier mit großer Mehrheit für die Vorhaben ausgesprochen. Koalition und Opposition haben im Gegenzug für die Zustimmung ein Maßnahmenpaket für mehr Wachstum und eine Finanztransaktionssteuer vereinbart. Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel kritisierte in der Bundestagsdebatte aber Merkels Krisenmanagement. "Die Krise hat sich in den letzten drei Jahren unter Ihrer Führung massiv vergrößert", warf er der Kanzlerin vor.
In der Debatte machten auch mehrere Kritiker der Vorhaben aus allen Fraktionen ihre Ablehnung deutlich und kündigten zum Teil Verfassungsklagen an, unter ihnen Peter Gauweiler von der CSU, Frank Schäffler von der FDP und Peter Danckert von der SPD. Auch die Linken wollen in Karlsruhe klagen. Ihr stellvertretende Fraktionsvorsitzende Sahra Wagenknecht sagte, Europa sei ein "Projekt zur Zerstörung von Demokratie und sozialer Gerechtigkeit" geworden.
Länder werden finanziell entlastet
Bei dem Fiskalpakt verpflichten sich die Vertragsparteien, verbindliche und dauerhafte Regelungen in ihrer innerstaatlichen Rechtsordnung vorzusehen, um ausgeglichene Haushalte zu erreichen. Der Fiskalvertrag, der im März 2012 von allen EU-Staaten außer Großbritannien und Tschechien unterzeichnet wurde, sieht nationale Schuldenbremsen und automatische Sanktionen für Staaten vor, die die Budgetregeln brechen. Das jährliche Haushaltsdefizit darf künftig nur noch höchstens 0,5 Prozent der Wirtschaftsleistung betragen. Ausnahmen davon soll es nur bei außergewöhnlichen Ereignisse oder einem schweren Konjunkturabschwung geben.
Mit dem ESM wird ein dauerhafter Krisenbewältigungsmechanismus geschaffen, der die vorläufige Europäische Finanzstabilisierungsfazilität EFSF ablöst. Er soll durch völkerrechtlichen Vertrag als internationale Finanzinstitution begründet und mit einem Stammkapital von 700 Milliarden Euro ausgestattet werden. Davon sollen 80 Milliarden bar eingezahlt werden und 620 Milliarden aus abrufbarem Kapital bestehen. Der deutsche Anteil beträgt 21,72 Milliarden an Bareinlagen und 168,3 Milliarden an abrufbarem Kapital. In diesem Jahr zahlt Deutschland 8,7 Milliarden Euro.
Den Ländern hat der Bund bei der Verständigung im Vorfeld finanzielle Entlastungen unter anderem beim Kita-Ausbau und gemeinsame Anleihen von Bund und Ländern zugesagt, die ab 2013 im "Huckepack"-Verfahren emittiert werden und so die Refinanzierungskosten der Länder drücken sollen. Auch übernimmt der Bund bis 2019 das Risiko etwaiger Sanktionszahlungen aus dem Fiskalpakt.
Auch wenn Fiskalpakt und ESM nach dem Bundestag nun den Bundesrat mit der dort ebenfalls notwendigen Zweidrittelmehrheit passieren, wird der ESM nicht wie ursprünglich geplant schon zum 1. Juli zur Verfügung stehen. Denn da anschließend das Bundesverfassungsgericht noch über die Klagen gegen die Vorhaben urteilen muss, haben die Karlsruher Richter Bundespräsident Joachim Gauck gebeten, die Gesetze nach dem Parlamentsbeschluss noch nicht zu unterschreiben. Gauck hat dies zugesagt. Die Entscheidung der Verfassungsrichter wird innerhalb von Wochen erwartet.
Kontakt zum Autor: andreas.kissler@dowjones.com
Saludos
Rodrigo González Fernández
Diplomado en "Responsabilidad Social Empresarial" de la ONU
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